Vereinsgeschichte seit 1884

 

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden im deutschsprachigen Raum zahlreiche Musikkapellen. Es waren in der Hauptsache Handwerker und Arbeiter, die sich mit dem Ziel zusammenschlossen, Festlichkeiten im Rahmen des dörflichen Lebens musikalisch zu begleiten. Die Anfänge des Musikvereins Bühl reichen zurück in das Jahr 1884.

Aus der Anfangszeit überliefert hat sich auch die Beteiligung an einem Bezirkskriegertag in Derendingen. Gemeint ist sehr wahrscheinlich die Fahnenweihe des dortigen Militärvereins am 12. Juli 1896. Wie in der Tübinger Chronik vom 14. Juli geschrieben steht, wurde aus diesem Anlass ein Umzug mit über 20 Vereinen abgehalten. Sogar König Wilhelm II. von Württe ist die Rede davon, dass die Bühler Musiker dem Monarchen positiv aufgefallen wären und er ihnen ein Geldgeschenk in Höhe von 20 Goldmark überreicht hätte. Allmählich wurde die nun etwa 12 Mann starke Kapelle im ganzen Umkreis bekannt und spielte zunehmend auswärts, zum Beispiel in Dusslingen, Weilheim, Kirchentellinsfurt und Nehren. Dirigent war von 1909 bis 1912 der Musikdirektor Beckert aus Tübingen. Während dieser Zeit wirkten die Musiker des Öfteren bei Festveranstaltungen in der Universitätsstadt mit. Bis zum Jahr 1914 traten weitere Mitglieder bei.

1924 standen die Feierlichkeiten zum 40 jährigen Bestehen an. Dieses Ereignis gilt als  glanzvoller Markstein in der Vereinsgeschichte. Im gleichen Jahr, vom 21. Bis 23. Juni, fand in Rottenburg das dritte Musikfest des Süddeutschen Musikverbands, Bezirk IV (Lichtenstein), statt. Die Bühler Kapelle, die sich inzwischen offiziell Musikverein nannte, nahm dort am Wettspiel in der Kategorie Unterstufe teil. Unter der Leitung von Dirigent August Nachtmann aus Tübingen erreichte sie mit 110 ½ Punkten einen Ib-Preis. Die Rottenburger Zeitung vom 23. Juni berichtet in lobenden Worten: „Bühl und Dettingen befinden sich im besten Vorwärtsstreben.“

Von 1924 bis 1933 dirigierte der Tübinger Musiklehrer Emil Karg die Kapelle. In diese Zeit fielen Teilnahmen an mehreren Wertungsspielen bei Musikfesten des Musikverbands Neckar-Schwarzwald-Gau. 1934 zählte der Musikverein Bühl über 20 Aktive und konnte auf 50 Jahre Wirksamkeit zurückblicken. Das Jubiläum wurde vom 26. bis 28. Mai gefeiert.

Während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) kam das Vereinsleben völlig zum Erliegen. Die meisten aktiven Musiker wurden zur Wehrmacht eingezogen. Acht Kameraden verloren ihr Leben. Es waren dies Bernhard Weber, Martin Kessler, Hugo Hönle, Remigius Hönle, Leopold Leukart, Hans Link, Richard Maier und Hugo Saile. Vermisst gemeldet wurde Josef Leukart.

Trotz der schwierigen Nachkriegssituation fanden sich schon 1946 die noch verbliebenen älteren Musiker zusammen. Mit der am 30. April 1947 erteilten Genehmigung der französischen Militärregierung konnte dann offiziell ein neuer Anfang gemacht werden. Junge Musiker wurden geworben, die das Instrumentalspiel von erfahrenen Registerkollegen unentgeltlich beigebracht bekamen. Auch gefeiert wurde wieder. So Mitte August 1947 erstmals die Sichelhenke. Dieses Fest geht auf die alte Bauerntradition zurück, die Sichel zum Abschluss der Ernte in einen Balken der Scheune zu schlagen und dort bis zum nächsten Jahr aufzubewahren. Anfangs fiel die Sichelhenke recht bescheiden aus. Es gab lediglich Fassbier und Rote Wurst. Heute findet die Sichelhenke in der Regel am dritten Septemberwochenende statt. Sie ist das größte und finanziell einträglichste Fest des Musikvereins im Jahreslauf. Als besondere kulinarische Spezialität gibt es seit rund 30 Jahren die bekannte und beliebte Bühler Schlachtplatte.

Einen Beweis für das zwischenzeitlich erreichte musikalische Niveau erbrachten die Musiker im Jahr 1950. Vom 15. bis 17. Juli veranstaltete der Volksmusikverband Württemberg-Hohenzollern in Rottenburg sein erstes Verbandsmusikfest mit internationalem Wertungsspiel. Die Bühler Kapelle erspielte sich in der Kategorie Unterstufe die Note „gut“.

1950 ergab sich eine günstige Gelegenheit, sie zu verwirklichen. Der Verein erwarb eine zum Verkauf angebotene Militärbaracke, die sich im Westgraben des Tübinger Schlosses befand. Sie wurde dort abgebaut und die Materialien zur Baustelle am nördlichen Ortsrand von Bühl transportiert. In den darauffolgenden Jahren wendeten die Mitglieder und Freunde viele Arbeitsstunden auf, um die neue Übungsstätte fertig stellen zu können, ein Zeichen, wie wichtig ihnen der Wert des gemeinsamen Musizierens war.

1974, im Jahr des 90-jährigen Jubiläums, bestand die Kapelle aus 35 Aktiven. Bei den Feierlichkeiten vom 12. Bis 15. Juli stellten sie sich in nagelneuer Uniform vor.

Ein Glanzpunkt der besonderen Art ereignete sich 1975. Die erste Auslandsreise in der Vereinsgeschichte führte die Musiker vom 25. bis 30. Juli nach Aix-en-Provence. Tausende von Zuhörern lauschten den Auftritten der Bühler auf dem „Cours Mirabeau“ und im „Parc Jourdan“. Ganz im Zeichen des Musikerheim-Neubaus standen die Jahre 1976 bis 1978. Die Bühler waren einer der ersten Vereine mit einem eigenen Probelokal gewesen.

Vom 13. bis 16. Juli 1984, wurde das 100-jährige Jubiläum begangen. Beim Festakt im Zelt am Samstagabend, den die Musikvereinigung Münsterhausen musikalisch umrahmte, wurden dem Verein hohe Auszeichnungen zuteil. Er erhielt die Pro-Musica-Plakette des Bundespräsidenten und die Ehrenmedaille in Gold des Blasmusikverbands Baden-Württemberg.

Das Jahr 1989 begann traditionell mit der Teilnahme an den Fasnetsumzügen in Rottenburg und Bühl. Die örtliche Narrenzunft feierte ihren 25. Geburtstag. .Beim Frühjahrskonzert am 12. April 1992 traten erstmals die Jungmusiker mit auf, unter der Leitung von Vereinsvizedirigen Martin Matsch. Das Schwäbische Tagblatt vom 24. April berichtet: „Mit ‚Viva lamusica‘, der Polka ‚Najare‘, dem ‚Festmarsch‘ und dem Marsch ‚Junge Leute‘ erbrachten sie den Beweis, daß die Jugendarbeit im Verein intakt ist und Früchte trägt.“ Ein weiterer Höhepunkt war am 12./13. September ein Ausflug ins Berchtesgadener Land.

Den Auftakt zur Feier des 110-jährigen Jubiläums bildete das Frühjahrskonzert am 17. April 1994. Einen großen Zulauf an Jugendlichen vermerkte Jugendleiter Edmund Dorn bei der Jahreshauptversammlung 1999. Im Schwäbischen Tagblatt vom 11. März heißt es dazu: „Es fehlen Instrumente für die Jugendlichen, und es werden dringend Sponsoren gesucht.“

Bei der Sichelhenke vom 14. bis 17. September fanden sich Gäste aus der Schweiz ein. Der Kontakt zur Musikvereinigung des im Emmental nahe Berngelegenen Ortes Wynigen war über das Internet geknüpft worden Die Stimmung gestaltete sich insgesamt aber gedämpfter als sonst. Einige Tage zuvor, am 11. September, hatten islamistische Terroristen Attentate auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Washington verübt, wobei Tausende von Menschen ums Leben gekommen waren. Von sich reden machte wieder die Bühler Jugendkapelle, die Ende Mai zum Jugendwertungsspiel der Bläserjugend Neckar-Alb nach Derendingen fuhr. In der Stufe „leicht“ hatten die Nachwuchsmusiker um Dirigent Harald Ruf laut Schwäbischem Tagblatt vom 31. Mai „die Nase vorn“.

Im Zeichen des 120-jährigen Vereinsjubiläums stand das Frühjahrskonzert am 4. April 2004. Die 24 Jungmusiker und 48 Aktiven präsentierten ein abwechslungsreiches Programm mit hohem Anspruch. Die Bandbreite ging von der Filmmusik zu „Star Wars“ bis zum „Walzer Nr. 2“ aus der zweiten Jazz-Suite des russischen Komponisten Dimitri Schostakowitsch. Das Schwäbische Tagblatt vom 5. April kommentiert: „Exakte Einsätze in allen Tempi, präzises Zusammenspiel auch in komplexen Klangbildern, feine Soli. Es zahlt sich also aus, dass der Musikverein intensiv in die Ausbildung investiert.“

Im Jubiläumsjahr 2009 besteht der Musikverein aus 186 Mitgliedern. Darunter sind 40 Aktive und 26 Jugendliche. Der Veranstaltungsreigen zum 125-jährigen Bestehen

wurde eröffnet mit einem Konzert in Sankt Pankratius am 15. März. Es umfasste ein anspruchsvolles Programm. Zu den vorgetragenen Stücken gehörten Themen aus „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss, musikalische Bilder aus dem Schwarzwald, die irische Volksweise „Irish Tune“, der „Ungarische Tanz Nr. 5“ von Johannes Brahms und ein Joe-Cocker-Medley.

 

Und die Geschichte des MV Bühl geht weiter…

Mehr Details, Fotos, und Hintegründe des Musikverein erhaltet ihr in der Downloadversion der Festzeitschrift vom 125 jährigen Jubiläum. Viel Spaß beim lesen!